片や20世紀の偉大な作曲家であるとともにバイロイト音楽祭の新たなパイオニアとして、片やウィーン・コンツェントゥス・ムジクスを主宰して古楽器とピリオド演奏の再興に道を切り開いた指揮者として、当代においてはベクトルこそ違えども共にクラシック音楽界の巨匠として一時代を築いてきた、パリのピエール・ブーレーズとウィーンのニコラウス・アーノンクール。
ブーレーズの訃報から2ヶ月後、アーノンクールも天に召されることとなりました。享年86歳。はからずも京都賞の受賞者がたて続けにお亡くなりになるとは・・・
(う〜ん、こうして思うに、やっぱり小澤征爾さんの今年のアカデミー賞受賞も一種の生前贈与みたいな感じだったのでしょうか?)
閑話休題
・・・っていうか、11年前に稲盛財団からの授賞で京都に来た時にもシンポジウムとか行けなかったんだよなぁ・・・と今更ながら後悔しています。ともあれ、古楽ファンの1人として、心より謹んでお悔やみ申し上げます。
◆アーノンクールさん死去 世界的指揮者 86歳【朝日新聞 2016年3月6日】
世界的指揮者で、モーツァルトやバッハの作品への斬新な解釈で知られるニコラウス・アーノンクールさんが5日、死去した。86歳だった。AFP通信などが報じた。
現代のクラシック音楽演奏に大きな影響を与えた、古楽演奏のパイオニアとして知られる。ウィーン・フィルハーモニー管弦楽団などを率いて日本にも幾度か訪れ、2005年には京都賞を受賞した。昨年12月、今後の演奏活動から退く意向を明らかにしていた。
ベルリン生まれ。ウィーン国立音大でチェロを学び、チェリストとしてウィーン交響楽団に入団。作品が生まれた当時の楽器や奏法を用い、楽曲の響きを新鮮に立ち返らせる古楽運動を興した。53年、アリス夫人とともに古楽演奏集団「ウィーン・コンツェントゥス・ムジクス」を創設。古楽の巨匠グスタフ・レオンハルトと、200曲にも及ぶバッハのカンタータ全曲を録音するなど、金字塔的な活動を繰り広げた。
ウィーン・フィルハーモニー管弦楽団のニューイヤーコンサートでは2度指揮した。またベルリン・フィルハーモニー管弦楽団やロイヤル・コンセルトヘボウ管弦楽団など世界各地の名門楽団に招かれ、幅広い音楽ファンに愛された。
◆Zum Tod des revolutionären Dirigenten Nikolaus Harnoncourt【DIE WELT 2016年3月6日】
Nikolaus Harnoncourt revolutionierte die klassische Musik. Er war Urknall der historischen Aufführungspraxis und der wichtigste Dirigent nach Karajan. Jetzt ist er im Alter von 86 Jahren gestorben.
Wie unkonventionell, geradezu rabiat Nikolaus Harnoncourt sein konnte, das ahnte man, wenn der berühmte Dirigent mit Dreitagebart, fast ungepflegt, am Arm seiner Frau zum Interview erschien. Oder wenn er sich einen Barhocker aufs Podium stellen ließ, weil es sonst vorkommen könne, wie er sagte, “dass ich mich einfach auf die Erde setze”.
Als sich Harnoncourt 1952 als Cellist bei den Wiener Symphonikern bewarb, hatte ihn Herbert von Karajan, damals der Chef, ohne Probespiel mit den Worten eingestellt: »Wie der sich schon hinsetzt, den engagier ich.« Später sorgte Harnoncourts Bemerkung, Karajan sei “ein guter Porschefahrer” gewesen, für einen Bruch, den ihm Karajan nie verzieh.
Harnoncourt, der Unknall der historischen Aufführungspraxis und zweifellos der wichtigste Dirigent, der nach Karajan kam, war ein Bürger als Bürgerschreck. Als die Terrormilizen der Bewegung “Festliches Barock” nach dem Krieg auf die Wiederentdeckung der Musik des 18. Jahrhunderts setzten und sie mit großen Sinfonieorchestern in Wagner-Formaten zelebrierten, war es Harnoncourt, der den Gegenkurs fand.
Harnoncourt war neugierig. Blieb es sein Leben lang
Mit einigen Wiener Getreuen, darunter seiner Ehefrau Alice, begann er in staubigen Originalen zu stöbern. Man fahndete nach alten, zumeist ramponierten Instrumenten, mit denen die Musik eines Schmelzer, Fuchs, dann auch Bach “authentisch”, das heißt in der Art der Entstehungszeit zur Aufführung gebracht werden konnte. Wobei Harnoncourt stets selbstkritisch genug blieb einzuräumen: “Beim Ausdruck ‘historisch informiert’ wird mir schlecht.” Er halte sich “nicht für informiert, sondern für neugierig”.
Das war er wirklich. Mit seinem 1953 gegründeten Concentus Musicus Wien lüftete er pionierhaft die ranzig und verklebt klingenden Interpretationen bisheriger Barock-Musik. In Bachs “Matthäus-Passion” setzte er 1970 erstmals wieder Knabensoprane ein. Mit dem Regisseur Jean-Pierre Ponnelle sorgte er in den 70er Jahren in Zürich für die szenische Wiederentdeckung von Monteverdis Opern-Triologie “Orfeo”, “Poppea” und “Ulisse”.
Über Ponnelle sagte er später, dieser sei der modernste Regisseur gewesen, mit dem er in seinem Leben zusammen gearbeitet habe – “nur hat die Modernität von Ponnelle niemand bemerkt, weil er in historischen Kostümen inszenierte”.
Harnoncourt, nachdem der Siegeszug von Darmsaiten und Countertenören langsam in Fahrt Fahrt, war auch der Erste, der das Ghetto kleiner Spezialensembles wieder verließ. Beim Concertgebouw Orkest in Amsterdam, mit den Wiener und Berliner Philharmonikern begann er seine Lehre von der “Klangrede” auf andere Bereiche anzuwenden: auf Beethoven, Schubert und Schumann.
Mit “Klangrede” – einer seither zu häufig zitierten Spielmarke – war gemeint, dass man beim Aufführen alter Musik nicht auf Legato, Linie und Klangzauber achten solle. Maßgeblich sei vielmehr der rhetorische Kommunikationswert der Musik: ihre Nachahmung der gesprochenen Sprache. Das verursachte ein grundsätzliches Umdenken. So dass die Welt der Klassik seitdem nicht mehr dieselbe ist.
Gemeinsam mit dem Cembalisten Gustav Leonhardt (wenn auch unabhängig voneinender arbeitend) begann man die erste Gesamteinspielung aller Bach-Kantaten – eine Großtat, auch wenn durch die Aufnahmen ein Eishauch der Aufklärung zu wehen scheint. In Opern Rameaus und Händels, später auch Mozarts, dazu bei den Orchesterwerken von Beethoven, Brahms, Dvorak und sogar Bartók stülpte Harnoncourt das romantisch verfälschende Bild vollständig um.
Die Klassiker erschienen plötzlich wieder als Revolutionäre ihrer Zeit. Das waren sie ja auch. Harnoncourt machte das Altvertraute wieder gefährlich. Und das Abgestumpfte wieder spitz.
Es klang nun abtaktig, schroff und leicht rachitisch. Die Klassiker erschienen plötzlich wieder als Revolutionäre ihrer Zeit. Das waren sie ja auch. Harnoncourt machte das Altvertraute wieder gefährlich. Und das Abgestumpfte wieder spitz.
Widerstand gegen ihn formierte sich eigentlich wenig. Dazu war die Missionsarbeit zu gründlich und auch zu nachhaltig angelegt. Zwar gibt es bis heute Hörer, welche die klangliche Schnappatmung und den Darmsaiten-Katarrh der historischen Aufführungspraxis beklagen. Und über die Macken der anfangs schlecht klingenden alten Instrumente nicht hinweghören mögen.
Doch der Fortschritt ist auch den Historisten um Harnoncourt gut bekommen. Heute klingen Ensembles, die seiner Schule angehören, viel weicher, flexibler und besser als ehedem.
Harnoncourts emotionale Kraft war enorm
So war es kein Wunder, dass Harnoncourt, der leise Radaumacher, nach und nach zum Grandseigneur der Branche avancierte. Die großen Orchester ließen sich alle gern von ihm inspirieren. Tatsächlich lag der Charme seiner Probenarbeit – wie bei allen Dirigenten seiner Richtung – nicht in guter Schlagtechnik begründet. “Wir sehen gar nicht hin”, flüsterten einem Orchestermusiker bisweilen zu.
Die emotionale Kraft aber, die von diesem Mann ausging, war enorm. “Wir spielen nur, um ihn glücklich zu sehen”: Diese Einstellung vieler Sänger machte alle technischen Defizite wett. Auch wenn nicht jede Harnoncourt-CD in den Olymp ewiger Aufnahmeheiligtümer einziehen wird.
„Es stimmt schon, ich habe mit zehn Jahren aus heiterem Himmel zu meinem Vater gesagt: ‚Höflichkeit ist Lüge’.“
Harnoncourt, geboren am 6. Dezember 1929 als Johannes Nicolaus Graf de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt, entstammte einem verarmten Adelsgeschlecht. Aufgewachsen in Graz, hatte er das Image des Desparados nicht freiwillig gewählt. “Es stimmt schon, ich habe mit zehn Jahren aus heiterem Himmel zu meinem Vater gesagt: ‘Höflichkeit ist Lüge'”, räumte er ein.
Es sei ihm lieber “unverblümt zu reden, auch wenn sich manchmal die Leute grämen, als dauernd liebe Sachen zu sagen und dabei zu denken, dass sie Trottel sind.” Die Orchesterstelle bei den Wiener Symphonikern hatte ursprünglich auf eine solide Musikerkarriere hingedeutet. “Ich habe es nur irgendwann im Orchester nicht mehr ausgehalten”, sagte er schlicht.
Gläubiger Familienmensch, der er war, hatte Harnoncourt nach dem epochalen Aufstieg seiner Karriere schon lange angefangen, offen und immer wieder über den Tod zu sprechen und den Rückzug zu planen. “Bevor ich sterbe, möchte ich noch Bergs ‘Wozzeck’ dirigieren”, sagte er. Um dann in Salzburg eine geplante “Lulu” dennoch aus Gesundheitsgründen absagen zu müssen.
Kritiker der Tradition, mit dem Betrieb bestens kompatibel
Erst in den letzten Jahren begann er, auch große Partituren (von Mozart und Beethoven) mit dem Concentus Musicus aufzuführen – ein Ensemble, das mit ihm gealtert war und für das er keine Nachfolgelösung fand. Doch selbst die zyklische Aufführung der neun Beethoven-Sinfonien im Wiener Musikverein – nachdem er seinen definitiven Abschied von seiner Heimatstadt Berlin 2014 schon gefeiert hatte – musste immer wieder aufgeschoben werden.
Harnoncourt, als Kritiker der Tradition, war mit dem Klassik-Business besser kompatibel als man denkt. Er war es, der Anna Netrebko für die westliche Welt entdeckte (2002 im Salzburger “Don Giovanni”). Er protegierte die noch junge Cecilia Bartoli und schreckte keineswegs davor zurück, sich mit Lang Lang (auf dem Höhepunkt von dessen kommerzieller Karriere) für eine Mozart-Platte zusammenzutun.
Er war auch der erklärte “Lebensdirigent” der Belcanto-Queen Edita Gruberova; bevor diese vor allem Bellini und Donizetti sang, womit Harnoncourt nichts anfangen konnte. “Er sagt immer, ich sei ihm untreu geworden”, so Gruberova. “Aber in Wirklichkeit ist er es, der mir untreu geworden ist.”
Unzertrennlich mit seiner Alice, seiner Frau
Harnoncourt, der nie im Leben einen Manager beschäftigt hat, war mit seiner Ehefrau Alice Harnoncourt buchstäblich unzertrennlich. Im Concentus spielte sie die erste Geige. Doch auch wenn Harnoncourt anderswo dirigiert, saß Alice zumeist spielend mit im Orchester. Sie richtete ihm die Partituren ein. Sie plante die Reisen, hielt ihrem Mann den Rücken frei und war eine geheime Triebfeder rastloser Energie.
Als Harnoncourt immer häufiger Abschiede feierte, wurde Alice einmal gefragt, ob sie es eigentlich für möglich halte, dass der Vielbeschäftigte auf den Musikerberuf tatsächlich verzichten könne. Da antwortete Alice ebenso rührend wie entwaffnend: “Er schon. Ich nicht.”
Von ihren vier Kindern wählten zwei den Künstlerberuf. Die Mezzo-Sopranistin Elisabeth von Magnus wirkte in etlichen Aufnahmen ihres Vaters mit. Sohn Philipp firmierte gemeinsam mit seinem Vater als Regisseur. In St. Georgen am Attersee, zuvor auch in Kilchberg bei Zürich (in derselben Straße, in der Thomas Mann wohnte), war der Privatmann Harnoncourt: ein Leser.
(Nikolaus Harnoncourt besaß eine enorme emotionale Kraft am Dirigentenpult. Und er öffnete mindestens einer Generation von Klassikhörern die Ohren)Er war stolz darauf, sämtliche Bände von Balzacs “Comédie humaine” gelesen zu haben. Er verschlang jedes neue Buch des Literaturwissenschaftlers Peter von Matt. Eine weitere Leidenschaft galt der figürlichen Holzbildhauerei. Im Unterschied zu vielen anderen Musikern, die malen, lehnte er es aber ab, dafür ernst genommen zu werden. “Ein Hobby”, sagte er schlicht.
Harnoncourts Bekenntnis zum musikalischen Extremismus führte ihn bis zu Gershwin. “Bei Jazz-Sängern wie Frank Sinatra”, so bekannte er, “habe ich erstmals angefangen mich zu wundern: Warum singen die so – und wieso stellt sich ein Klassik-Sänger hin und singt einfach Noten?!”
Das weckte sein Denken. An Nikolaus Harnoncourt lässt sich lernen, dass hinter genialen Leuten immer weit Widersprüchlicheres steckt als die Summe ihrer Lehren. Am 5. März ist nun Nikolaus Harnoncourt, der eine Epoche prägte, im Alter von 86 Jahren gestorben.